Mit dem Nachtbus Richtung Süden gefahren und in der Hosteria Outsider in der Deutschen Stadt, beim Österreicher Arvid Puschnig am Lago Llangquihue (10 x Chiemseegröße) Station gemacht. Über die ausführliche, informative österreichische Internetseite (www.chilereisen.at) bin ich hier gelandet. Habe den falschen Nacht Bus gebucht, nicht den, in dem wirklich ein Bett zur Verfügung steht. Komme gerädert an und gehe am Inland See entlang der riesengroß ist und älperrisches Flair hat. Deutscher Club, schindelverkleidete Häuser, Schwarzwaldkirchenkopie, Uferpromenade und in Salzburg T-Shirts gewandete Serviererinnen in einem Kaffeehaus. Die Kuchen stellen in Variation und Größe das Winkl-Stüberl in Schatten und die Trinkschokoladenliste (mein Favorit mit Baileys) ist ellenlang. Von der nächsten Stadt Puerto Montt (17 km weiter und am Meer) Nordpatagonien gibt es ein Schiff in den Süden. Im Internet sieht es nicht so aus, aber vielleicht geht doch noch was. Ich packe meinen kleinen Rucksack, lasse mein großes Gepäck mit einer Nachricht dem noch schlafenden Arvid und fahre bei strömenden Regen zur Schifffahrtsgesellschaft Navimag. Südpatagonien mit Puerto Natales und Puerta Arena ist zeitlich nicht drin, das nächste Cargo fährt erst in ein paar Tagen. Am Nachmittag geht die Evangelistas Fähre/Schiff zum kalbenden Gletscher in der Lagune San Rafael, es kommt wieder zurück und es ist noch ein Kojenbett frei. Chilenisches Kreuzfahrtschiff, was mich da wohl erwartet? Koje mit Mutter und erwachsenen Sohn Rodrigez aus Santiago. Witzige Einführung mit Vorstellung der „ausländischen Gäste“ die beklatscht werden. Einige Franzosen, wenige andere Südamerikaner, zwei junge Taiwanesinnen und Texanerinnen, je ein Irländer, Russin, Neu Seeländerin und meine Deutsche Wenigkeit. Persifal einer der „Animatoren“ spricht Deutsch. Einfache Ausstattung, Kantinenartiger Speisesaal mit Selbstbedienung aber vergnügte Mitfahrer, die begeistert die angebotenen Spiele mitmachen.
Wir winden uns durch enge Passagen, sehen wenig von den hohen Bergen wegen tiefhängender Regenwolken und landen in Chacabuco an, nachdem wir von Lotsen in den kleinen Hafen geschleppt wurden. Es gibt Gelegenheit zum Landgang, während die vielen LKW’s und Container mit Aufschrift Hamburg Süd ausgeladen werden. Lokaler Bus nach Aisen (der englische Entdecker sagte Ice end) in den 40.000 EW zählenden Ort, der bei beginnender Dunkelheit und Regen bis auf den Walmart Style Supermarkt (Sonntag geöffnet) sehr verschlafen aussieht.
Es wird enger und wir sehen bei durchbrechenden Sonnenstrahlen einige kantige Berge und die Gletscher San Rafael und in weiter Ferne den San Quentin ins Meer kalben. Das riesengroße gewaltige Eisfeld bleibt uns verborgen. Rasselnd wird der Anker geworfen und wir werden auf die Bootsfahrt zum Gletscherrand mental und kleidungsmäßig vorbreitet. Das Wasser hat nur 1 Grad und die Verweildauer darin ist ohne gesundheitliche Schäden nur 4 Minuten. Die Tiefe ist 500 Meter und herabfallende Eisbrocken lösen hohe Wellen aus. Während der Fahrt nicht aufstehen, keine Eisbrocken rausfischen, denn aggressive Seelöwen schnappen schon mal zu. Eingekleidet mit einer seetüchtigen Schwimmweste auch befestigt durch den Schritt warten wir auf die Boote. Die englischsprachige Gruppe muß als erstes bei ganz schönen Wellengang von der Fährenklappe ins Boot steigen und dann von einem wackeligen Boot zum anderen – mit hilfreichen Händen –klettern. Es sind drei große Boote und ein Begleitboot mit Arzt (Hauptzweig Pathologie) und wir fahren Richtung Gletscherabbruchkante an unglaublich blauen, im grünen Wasser schwimmenden Eisbrocken und tieffliegenden kleinen weißbauchigen Kormoranen vorbei. Da die Eisbrocken unter Wasser 2/3 ihrer Größe haben schrappen wir schon mal mit unheimlichem geknirsche, gespritze und gewackel über einen und erreichen das uns eiskalt anhauchende Eisschollenwasser. Die Kulisse ist arktismäßig mit vor uns aufsteigenden Spalten des Gletscherabbruchs, ums Boot herum mehr Eis denn Wasser und dazu das Geknacke. Die kleinen Eisstücke sind glasklar mit kleinen Einschlüssen und wir trinken aus mitgebrachten Navimag Gläsern „Whiskey on the (Gletscher) Rocks“. Salude!
Die blaue Farbe des Gletschereises und der großen Eisbrocken ist unwirklich und die Wahrnehmung fürs Auge gibt mehreren Spekulationen Gelegenheit sich zu präsentieren. Eine Volpertingermäßige spricht vom Gletscherdrachen mit blue eyes! Die tatschliche Farbe ist in der Entstehung begründet. Eis ist über lange Zeit komprimierter Schnee (Schnee enthält 80 % Luft, Eis nur 20 %, 1 L Wasser = 910 g Eis), das Älteste hat die kleinsten komprimiertesten Luftblasen eingeschlossen und ist von der Reflektion her, dem Glas (grün) verwandt. Die Luftblasen brechen das Licht und das kristallklare Eis erscheint uns blau. Kein Mirakel aber faszinierend wie ein Regenbogen. Angesäuselt (das Glas dürften wir als Souvenir mitnehmen), durchfroren, naß bis auf die Haut (mein Neuseeländer Anorak taugt nix) klamm und erregt klettern wir wieder abenteuerlich in unser großes hoffentlich sicheres Fährschiff.
in der Lagune |
blaues Eis imgrünen Wasser |
vor dem Gletscher |
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