Dienstag, 21. Dezember 2010

10.000 kmTranssib

Wie überstehen Sibierer den Winter

Man trägt Stiefel, Mütze und Handschuhe und wenn es ganz hart kommt, gibt es auch noch eine Kapuze. Bevor man mit bloßen Händen einen Metallgriff anfaßt, testet man ob man nicht kleben bleibt. Hält ein Zug im Bahnhof, reibt das Zugpersonal erstmal die Haltestangen frei von Eis und Schnee. Trotz Eis und Schnee gibt es Stiefel mit High, high Heels. Pelz ist das angesagteste und das geht von Nerz und Zobel bis Seal und Lamm, auch Daune ist sehr beliebt.
Meine Ausrüstung war o.k. Fellmütze (außer bei den -40) zu warm meine Mütze tat es auch, Fellhandschuhe gut, außer wenn ich sie wegen einem Foto ausziehen mußte, dauerte es schon bis sie wieder warm wurden. Meine Lowa Soft waren bei 40 nicht mehr soft sondern fest aber ich hatte nie kalte Füße. Mit denen war ich auch in der Danakil Senke im afrikanischen Grabenbruch auf dem tätigen Vulkan Erta Ale also +40 Grad und auch da optimal.

Aber was trägt man drunter?
Nachdem ich nun sieben Nächte in der Transsib verbracht habe kann ich da ein bisserl aus dem Nähkästchen plaudern. Es ist jetzt nicht rassistisch oder emanzipatorisch weil ich die Männer Unterwäsche besser beschreiben kann. Es waren einfach mehr Männer unterwegs. Ludmilla schmiß in Petersburg die Männer aus dem Abteil und zog Hose und Strumpfhose aus (in Sibirien zog sie dann zwei Strumpfhosen drunter an) und eine Nikihose an. Ich hatte eine Fleecehose und eine Leggins die den Tag und die Nacht abdeckten. Die Männer zogen ihre Hosen aus und darunter kamen die unterschiedlichsten langen Unterhosen zum Vorschein. Lange, 50iger Jahre mit innen angeraut und Steg, oder die Jersey mit aufgesteppter Bügelfalte, aber alle ohne Eingriff. Die Mode bewußten Jungen trugen 7/8 leger und ohne Socken und die eleganten Freizeitanzüge (sowie der Herr mit dem schönen „Russia“ auf dem Rücken. Adidas, Puma usw.  sind sehr beliebt aber wahrscheinlich alle vom Chinesenmarkt. Die wurden dann im Süden immer häufiger. Auch waren da mehr Frauen und auch Kinder unterwegs.
Es hat schon was, wenn ein Herr, breiter wie hoch, ganz spät noch ins Abteil kommt, sich aus seinem glänzenden Anzug schält, den ordentlich aufhängt und dann in Unterhemd Marke Feinripp und Unterhose mit Bügelfalte sich zum Schlafen ohne Zudecke legt. Ein Schnarchkonzert ohne Ende anfängt –wogegen das Wackeln des Zuges sich wie leichtes schaukeln ausnimmt. Bei den ganz langen Atemaussetzern, halte ich auch die Luft an, rekapituliere ob jetzt gleich Mund zu Mundbeatmung oder vielleicht doch Herzmassage angesagt wäre. Aber er verschwand gesund – soweit ich das beurteilen konnte -dann in den frühesten Morgenstunden, nicht ohne seine Pflicht getan zu haben und die Bettwäsche abgezogen dem blondgelocktem Personal gegeben zu haben.
Alles weibliche Personal war weizenblond (ob das, das hiesige angesagteste Färbemittel ist, oder die Natur) und in der frühe sogar mit Lockenwicklern. Vermutlich paßt das am Besten zur schicken dunkelblauen Uniform (unsere Lufthansa könnte sich mal ein Beispiel nehmen) und auch zum blaugrünen Walkmantel mit passender Fellmütze. Dafür müssen sie auch an den Haltestellen die Eiszapfen unten am Zug weg schlagen. Zum Staubsaugen und Wischen haben sie dann ein spezielles Schürzchen.
Die Toiletten werden in den Bahnhöfen zugesperrt (wie bei uns früher, wer weiß das noch)? Auf dem Weg nach Lübeck hat ein nicht mehr ganz junger Mitreisender seiner kleinen Tochter erklärt, daß man in Bahnhöfen nicht auf die Toilette geht. Suzette und ich unisono…… das war einmal…….

10.000 km Transsib, jeder km ein Erlebnis
(das passende Foto läßt sich nicht hochladen, die Verbindung ist zu schwach)

2 Kommentare:

  1. Ohne Eingriff? Wie unpraktisch! Sehr amuesant, Deine Bemerkungen!

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  2. Hallo Christine,
    habe von Ingrid den Link zu diesem tollen Blog bekommen. Kann aber erst heute abend alles nachlesen.
    Liebe Grüße aus dem ebenfalls - aber natürlich nicht so sehr - verschneiten Koblenz
    Joachim

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