Donnerstag, 7. Juli 2011

Rapa Nui

Seit ich als Kind und Jugendliche Reiseabenteuerbücher verschlungen habe, war „der Nabel der Welt“ mein sehnlichster, aber abgelegenster Favorit schlechthin. Als Nabel bezeichnen die Insulaner ihre Insel Rapa Nui und der Holländer Jakob Roggeveen der am Oster Sonntag 1722 hier anlandete taufte sie auf Osterinsel. Von Chile aus sind es 3.700 km, nach Pitcairn (Meuterei auf der Bounty) etwas kürzer, dann die Marchesas und Tahiti. Nur die chilenische Fluggesellschaft LAN hat eine Route Santiaogo de Chile, Osterinsel, Tahiti/Papeete und retour.
Diese Insel muß zum Besiedeln erst einmal gefunden werden! Polynesier wahrscheinlich von den Marchesas haben das geschafft. König Hotu Matua wird der Legende nach als Gründer bezeichnet und Rapa bedeutet Vater. Aber sie hat durch die isolierte Lage im weiten blauen Meer auch nicht richtig an der Süd Pazifik Migration der Menschen, Tiere und Pflanzen teilgenommen. Selbst Birdplants, so nennt man durch Vogelflug verbreitete Samen kamen wenige hier an. Die Insel ist weder geologisch (drei erloschene Vulkankrater haben andere Inseln auch) noch durch Flora und Fauna besonders speziell. Und da die Ufer bis zu 3.000 Meter steil ins Meer abfallen sind es auch nicht die Fischgründe. Auch die, für die Seefahrt notwendige Proviantaufstockung war die Insel nicht ergiebig und für den Handel nicht attraktiv. O-Ton aus dem Logbuch James Cook und Baron von Krusenstern der 1804 hier war, er berichtet von 20 stehenden Moai. Was ist die Attraktion heute? Im Negativen zeigt sich hier, wie der Mensch es schafft (woanders ist das nicht so sichtbar weil der Raum größer ist) sich selbst seine Lebensgrundlage zu zerstören. Daniel Goeudevert hat zu diesem Thema ein aktuelles Buch über unsere Gesellschaft geschrieben: „Das Seerosenprinzip“.
Durch religiösen Fanatismus der über hunderte von Jahren aufrecht erhalten werden konnte, wurden zwischen (unsicher 500) eher wahrscheinlich 800 und 1700 diese steinernen Kolosse geschaffen. Die Bevölkerung wuchs von 4.000 sprunghaft auf 20.000 an und kriegerische Auseinandersetzung um Land und Macht wurden brutal ausgetragen z.B. Feinde wurden durch Kanibalismus eliminiert. Die ersten Seefahrer berichten bereits von umgeworfenen Moai und zerstörten Plattformen (Ahu). Erdbeben, Tsunami und die normale Erosion dieses Vulkangesteins haben das ihre dazu getan. Auch Sklavenhändler haben hier Beute gemacht und die eingeschleppten Krankheiten dezimierten die Bevölkerung auf 100. Die Insel wurde annektiert von Chile, verkauft an einen Schafzüchter und den Insulanern war der Aufenthalt nur noch in der Stadt Hanga Roa erlaubt. Missionare haben versucht den „Aberglauben“ auszurotten. Erst in den 60iger Jahren bekamen die Insulaner chilenische „Rechte“, 2008 wurde der Status eines besonderen Territoriums geschaffen und wegen ihrer erschwerten Lage müssen sie keine Steuern bezahlen. Außer der Stadt gehört das Land Chile und ist nun Nationalpark, was aber immer wieder zu Unruhen führt. So auch in den Nachrichten kurz bevor ich kam. Immer wieder schielen die Amerikaner danach und das macht es für die Bevölkerung der Insel  -der immer übel mitgespielt wurde - nicht einfacher. Wirklich „Einheimische“ sind gemischt mit Einwanderern aller Herren Länder. Meine Vermieterin C. (ecilia) Cardinali hatte einen italienischen Großvater. Zu den 3.000 Insulanern kommen ca. 50.000 Touristen jährlich aber die Verweildauer liegt bei 2-3 Tagen und selten kommen Besucher mehrmals.

Weltweit einzigartig sind die kolossalen „Moai“ Steinfiguren. Weshalb, wieso und vor allem WIE sie entstanden sind, macht es so mythisch. Wieviele Theorien hier aufgestellt, ausprobiert und wieder verworfen wurden und immer noch zu neuen Spekulationen Anlaß geben, ist endlos. Die illustre Liste der Forscher ist lang und die unsäglichen Werte die weltweit in Museen verbreitet sind, noch länger. Die erste weibliche amerikanische Ethnologin Katherine Routledge hat 1914 geforscht, ein Belgier hat 1936 einen Moai nach Brüssel mitgenommen, Thor Heyerdahl hat nach seiner Kon Tiki Expedition am Strand von Anakena eine Zeltstadt aufgebaut und ein Jahr hier gelebt (Buch: Rapa Nui). Er hat Schätze wieder zurück gegeben. Sicher ist auf jeden Fall, daß die Insel aller Bäume beraubt wurde (Transport für die Kolosse) und heute spärlich bewachsen ist mit ausufernden Guaven Büschen, schön rotblühenden Seibu, strauchartigen  Poinsettias (Weihnachtsstern, Euphorbia pulcherrima) eingeschlepptem australischen Eukalyptus und minderwertigem Grasland. Das Wenige das angebaut wird wie Taro, Maniok und etwas Obst und Gemüse kann die Insel nicht ernähren. Die dürren Rinder sind für den Eigenbedarf. Die vielen Pferde sind ein Problem, denn durch Ausscheidung der Guavensamen verbreiten die sich immer mehr.  Der einheimische Taromiro (Saphora taromiro, Schnurbaum, die ersten Botaniker erkannten eine Akazie) der nur noch im Gewächshaus – das leider immer geschlossen hatte– vorhanden ist und ein Wiederanpflanzung bisher erfolglos war. Er wurde hier vor 35.000 Jahren nachgewiesen, kam nicht mit den Menschen. Im Bonner Botanischen Garten gibt es einen, der aus im Krater gefundenen Samen über Göteburg (Heyerdahl zu uns kam). Es wird fast nichts produziert, die einzige Einnahmequelle ist der Tourismus und die Hilfe von außen, um dieses Weltkulturerbe zu erhalten. So haben die Japaner nach einem Erdbeben und nacholgendem Tsunami 1996 die umgefallenen Moai wieder aufgestellt, wo sie weiter dem natürlichen Abbau ausgesetzt sind. Der schwarze und rote Vulkanstein ist nicht der Härteste und die Seeluft, Wind und Wetter tun das übrige dazu.
Zwiespältig bin ich, aber mich faszinieren immer wieder von Menschenhand erschaffene gigantische Werke, unabhängig welche Ideologie dahinter stand (Stonehenge, Macchu Picchu, Angkor What, Pyramiden usw.).
Nah bei meiner Pension ist der Friedhof mit vielen weißen Kreuzen und traditionell behauenen Steinen und vielen bunten Plastikblumen. Der Name Tiki ist der Häufigste.
Da stehen auch drei große Moai am Ahu Tahai und fünf am Ahu Ko Te Rico und alle Touristen pilgern zum Sonnenuntergang auf die Wiese davor. Es ist unglaublich was hier für Fotomotive gestellt werden. Liegend in Gartenzwergstellung sowohl und/oder Fotograf und Fotografierter, Filmaufnahmen vom Vogelflug usw. Pisa mit dem schiefen Turm ist harmlos dagegen. Auf der Wiese sind die traditionellen Vertiefungen wo früher z.B. Bananen windgeschützt angepflanzt wurden, aber heute sind sie eher verunkrautet. Die erhaltenen Steingedeckten unterirdischen Häuser dürfen nicht betreten werden was auch sinnvoll ist, denn die Luke knapp über der Oberfläche ist klein. Die Bootartigen geflochtenen Behausungen sind nicht erhalten.

Vogelmenschen Tischdecke

am Palmenstrand von Anakena

die Produktionsstätte

fotos kommen

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