Donnerstag, 16. Juni 2011

Hiva Oa

Wieder durch Nebel die zwei Stunden zum Flughafen und mit Air Tahiti zur nächsten Insel gehopst. Hiva Oa, auch Atuona nach der „Hauptstadt“ hier genannt. Fast alle 2.000 EW leben hier. Flächenmäßig die größte Insel und sieht wie ein liegendes Seepferdchen aus. Bewaldet, steile, hohe Berge wie auch Nuku Hiva. Das besondere hier sind zwei Persönlichkeiten die ich sehr schätze, einen als Maler (nicht so sehr als Mann) und den anderen als Lyriker, Schauspieler, Filmemacher und faszinierende Stimme, es sind der Franzose Paul Gauguin und der belgische Chansonnier Jaques Brel.
Es gibt nicht viele Unterkünfte, Einzelzimmer sind sowieso rar und meistens muß ich das Doppel bezahlen. Nachdem auch die Glasbodenhütten unerschwinglich sind, habe ich mir hier eine Hütte über der Bucht im Temetiu Village geleistet. Ich bin nur zwei Nächte hier und habe nicht damit gerechnet, daß Pfingsten mich hier mit einem geschlossenen Museum betrifft. (Liebe Grüße an alle Pfingstzeltler, nächstes Jahr bin ich wieder da! Habt Ihr das große Zelt ordentlich auf- und abgebaut?)

Ein Spaziergang zum Friedhof – mit einem Blick über die Bilderbuch Bucht - das Grab von Brel ist gleich am Anfang, ist aktuell geschmückt, auch CD Hüllen liegen da. Das von Gauguin wurde erst später für den Tourismus aufgemotzt, aber einen goldenen Pinsel hatte ihm jemand kürzlich hingelegt. Auch eine Skulptur –massiv befestigt – steht daneben. Wenn ich an Südsee denke, habe ich Bilder von braunhäutigen, exotischen jungen Schönen vor Augen mit einer Blume (Frangipani, Hibiskus) im Haar unter tropischen Bäumen sitzend in einem Spiel aus Sonne die sich durch Blätter mogelt. Eben Gauguin. Sein bewegtes Leben war hier am 8.3.1903 beendet und seinen großen Ruhm hat er nicht mehr erlebt. Ein braves Leben als Banker, 5-facher Familienvater, Börsenspekulant wird mit malen kompensiert. Nach einem totalen Crash malt er nur noch, kann seine Frau und die fünf Kinder nicht ernähren, wird geschieden. Geht nach Martinique und kommt desillusioniert zurück, lebt bei van Gogh, der sich während eines Streites mit ihm einen Teil des Ohres abschneidet, und kommt 1891, als 43-jähriger nach Tahiti. Er hofft hier das (Insel) Paradies zu finden und nur die Freuden des L(i)ebens genießen zu können. Das ist für ihn Sex mit 13-jährigen und Malen. Ob die Reihenfolge stimmt? Könnte man ihn den Vater des Sextourismus nennen?
Geht wieder nach Frankreich und kehrt – mit Syphilis im Endstadium zurück, diesmal 1600 km weiter nach Hiva Oa und hofft hier, noch die ursprünglichere freie (Sex) „Lebensart“ zu finden. Auch hier eine kindliche Geliebte, das gemeinsame Kind stirbt, ebenso eines Zuhause, und er unternimmt einen Suizidversuch. Er kommt mit Kirche und Bevölkerung in Konflikt und wird verurteilt, seine Strafe tilgt sein Tod. Sein Haus wird niedergebrannt und sein Leben hier lange negiert. Erst mit einsetzender Berühmtheit wird ein Museum eingerichtet, das Wohnhaus wieder aufgebaut aber leider sind keine Originale hier verblieben. Außer ein paar Skulpturen die eher Südseemitbringsel Charakter haben.

Jaquec Brel kam mit seiner guadaloupischen Lebensgefährtin Madly Brum und verbrachte die letzten Kranken Jahre hier. Seine große Leidenschaft war fliegen und seine Jojo, die seine Fliegerkollegen wieder hergerichtet haben, steht hier im Museum. Er klapperte damit alle einsamen Inseln ab, flog regelmäßig nach Tahiti um Filme für sein Freilichtkino zu holen. Die antiken Filmapparate stehen hier und es wird seine Musik gespielt. Er war ein Vollblut Musiker spielte diverse Instrumente und stand oft mit Juliet Greco und Charles Aznavour auf der Bühne. Seine Texte sind nicht oft übersetzt und schwierig zu verstehen, aber das was ich kenne ist sehr feinfühlig und tiefsinnig. Er starb mit 49 an Krebs.

Mit der Führerin Frieda und anderen Gästen im CatCat die Insel erkundet. Schlechte Straßen, abenteuerliche Serpentinen an steilen Hängen entlang, nur die Ziegen machen uns Konkurrenz. Einen lachenden Tiki und Hieroglyphen mitten im matschigen Dschungel gesucht und gefunden. Nach den Totenkopfähnlichen Gestalten richtig freundlich, niedlich süß. Unterwegs die großen Steinterrassen die der Priesterschaft für Zeremonien gebaut wurden. Im Nordosten der Insel beim Dorf Puama’u ist der Te l’i Pona kurz Oipona der bedeutendste Kultplatz der Insel. Die Anlage ist von Archäologen und Einheimischen restauriert worden. Der größte polynesische taka i’i Tiki (2,67m) steht hier und diverse andere Figuren. Eine einmalige Darstellung einer bäuchlings liegenden Frau mit einem „Lamakopf“ am Sockel gibt wieder den wildesten Siedelungs Theorien Nahrung. In historischer Zeit glaubte man, daß nur durch die Berührung der Figur „maki’i tau’a pepe“ eine Schwangerschaft zustande kommt. Ich vermute, daß auch heute noch die Eine oder Andere hierherkommt. Die Gräber von Prinzessinnen und Königinnen gesehen. Die Gesellschaft war und ist (O-ton Frieda) sehr patriarchalisch ausgerichtet und als Pendent zu Priestern mußte es Königinnen geben. Ein Mittagessen aus rohem Fisch, Backbananen, Brotfrucht Frites, Schwein- und Ziegengeschnetzeltes mit Reis. Sternfrucht/Karambole Saft und als Dessert Kokosschnitten und Poi aus Guaven. Aus Bananen hab ich schon öfter diesen schwarzen Batz gegessen, aber mit den fruchtigen Guaven und darüber die Milch der Kokosnuß, ein Genuß. Ob ich das nachkochen kann ist fraglich, denn Guaven und die Stärke die man dazu braucht gibt es vermutlich nicht mal im französischen Supermarkt. Schaun mer mal! Aber es schmeckt kalorienreich tropisch köstlich.

Mein Flug geht erst um 10.45 und so habe ich am Dienstag doch noch die Gelegenheit (die Museen öffnen um 8 Uhr) beide Museen zu besichtigen. Eine schöne Anlage, gute sachliche Dokumentation und Brel Chanson’s.  Ich werde von meinen netten Vermietern hingefahren und am Museum gleich für den Flughafen abgeholt. Timing ist alles.
Das hat Air Tahiti nicht drauf. Einchecken ohne Computer, Boarding Pass per Hand, keine Sicherheitskontrollen und wir kommen ewig nicht weg. Zwischenlandung nochmal in Nuku Hiva und ich befürchte, daß ich meinen Weiterflug verpasse. Aber Rückenwind treibt uns an, und über Atolle die nur aus einem Randstreifen bestehen und wir gewinnen Zeit. An Bord ist eine Schulklasse auf dem Weg zum Schüleraustausch nach Tahiti Iti und der Lehrer gibt Privat Unterricht eine Reihe hinter mir. Puh! Ist französisch schwer bei einem Diktat!
Ich erreiche meinen Flieger bei strömenden grad noch und lande nochmal in Huahine und bin dann endlich auf der heiligen Insel Raratea. Der Vollmond steht schon bei Sonnenuntergang am Himmel, ich beziehe meinen Familien Bungalow am „Sunset Beach“ nahe dem Hauptort Uturoa.
Und damit es nicht langweilig wird, mache ich morgen gleich einen Ausflug auf die Nachbarinsel Taaha.
tattou zum Fürchten

Gauguin

"Der raucht koan guad`n“ sagt man bei uns

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